absolute Fahruntüchtigkeit beim Führen eines Segways

Wer mit einem Segway mit mehr als 1,1 Promille im Straßenverkehr unterwegs ist, macht sich strafbar wegen Trunkenheit im Verkehr. Ein Segway wird als elektromotorengetriebenes „Ein-Personen-Transportmittel“ von den gesetzlichen Begriffsbestimmungen des Straßenverkehrsgesetzes erfasst. Es handelt es sich um ein Kraftfahrzeug im Sinne der strafrechtlichen Norm. Wie beim Führen eines Autos steht die Fahruntüchtigkeit des Fahrzeugführers ab einem Promillewert von über 1,1 unwiderleglich fest. (OLG Hamburg 19.12.16 1 Rev 76/16)

BGH setzt Grenzwert der nicht geringen Menge für getrocknete Schlafmohnkapseln fest

Nach Anhörung von zwei Sachverständigen in einem Revisionsverfahren setzte der Bundesgerichtshof nunmehr den Grenzwert der nicht geringen Menge für getrocknete Schlafmohnkapseln auf eine Wirkstoffmenge von 70 Gramm Morphinhydrochlorid fest. Diese Festsetzung entspricht den wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Gefährdungspotential des in getrockneten Schlafmohnkapseln enthaltenen Morphins im Vergleich zu intravenös injizierten Morphinzubereitungen, für die nach wie vor ein Grenzwert der nicht geringen Menge von 4,5 Gramm Morphinhydrochlorid gilt.
(BGH Urteil 08.11.16-1 StR 492/15)

Zwei Wochen Dauerarrest für 14-Jährigen unbegleiteten Flüchtling wegen sexueller Nötigung

Ein bislang nicht vorbestrafter unbegleiteter minderjähriger Flüchtling wurde vom Amtsgericht Hannover wegen sexueller Nötigung an seiner Erzieherin zu zwei Wochen Dauerarrest verurteilt. Er fasste ihr unter anderem an die Brüste. In der Urteilsbegründung des Gerichts hieß es unter anderem, wenn der Angeklagte in Deutschland leben wolle, müsse er sich an die geltenden Gesetze halten, wozu selbstverständlich auch das Selbstbestimmungsrecht der Frau gehöre.(AG Hannover 08.09.16-328 Ds 96/16)

abgelehnte Vollzugslockerung nur bei Flucht-und/oder Missbrauchsgefahr rechtmäßig

Im zu Grunde liegenden Fall hatte eine Justizvollzugsanstalt einem wegen versuchten Mordes Verurteilten Vollzugslockerungen mit der Begründung verweigert, er habe die von ihm begangene Straftat und die darin zum Ausdruck gebrachte Gewalttätigkeit noch nicht ausreichend aufgearbeitet. Die rechtmäßige Ablehnung von Lockerungen bedarf aber der positiven Feststellung, dass beim Verurteilten bei der Gewährung von Vollzugslockerungen Flucht-und/oder Missbrauchsgefahr bestehe. Die alleinige Bezugnahme auf die mangelnde Aufarbeitung der der Straftat des Betroffenen zu Grunde liegenden Gewalttätigkeit ist dazu nicht ausreichend. (OLG Hamm,1Vollz(Ws)150/16)

Keine Freiheitsstrafe für den Besitz von Kleinstmengen Amphetamingemisch

Auch bei einem vorbestraften Angeklagten rechtfertigt der Besitz von 0,3 g Amphetamingemisch nicht die Verhängung einer zweimonatigen Freiheitsstrafe ohne Strafaussetzung zur Bewährung, die zunächst von einem Amtsgericht verhängt und dann in der Berufungsinstanz bestätigt wurde. Erst das mit der Revision befasste Oberlandesgericht hat das Urteil aufgehoben. In der Begründung heisst es, eine solche Strafe sei nicht mehr schuldangemessen. Sie verletze das verfassungsrechtlich verankerte Übermaßverbot. Ausgangspunkt und Grundlage der Strafzumessung sei die in der Tat zum Ausdruck gekommene Schuld. Maßgebend für die Bemessung einer schuldangemessenen Strafe seien in erster Linie die Schwere der Tat und ihre Bedeutung für die verletzte Rechtsordnung sowie der Grad der persönlichen Schuld des Täters. Die vorliegende Tat sei der Bagatellkriminalität zuzuordnen und dort im untersten Bereich anzusiedeln. (OLG Stuttgart, Beschluss 27.01.16-1Ss 776/15)

Keine strafbare Trunkenheitsfahrt bei Inlineskaten unter Alkoholeinfluss

Gegen einen Beschuldigten wurde zunächst wegen Trunkenheit im Verkehr ermittelt. An einer Strafbarkeit fehlt es nach Auffassung des Landgerichts Landshut aber, da Inlineskates keine Fahrzeuge im Sinne der strafrechtlichen Vorschrift sind. Laut Gesetz stehen Fahrzeuge unter dem Fahrbahnbenutzungszwang. Inlineskatern ist aber die Nutzung der Fahrbahn verboten. Auch sind Inlineskates wegen ihrer geringen Größe, ihrem geringen Eigengewicht und dem Fehlen einer Bremse nicht als Fahrzeug einzuordnen.
(Landsgericht Landshut, Beschluss vom 09.02.2016 -6 Qs 281/15)

Zeugnisverweigerungsrecht im Ordnungswidrigkeitenverfahren schützt nicht vor Fahrtenbuch

Die Fahrtenbuchauflage für ein Kraftfahrzeug für die Dauer von 12 Monaten ist rechtmäßig, wenn mit dem Fahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaft um 23 km/h überschritten wurde und der Halter des Fahrzeugs bei der Fahrerermittlung nicht ausreichend mitgewirkt hat. Im zu Grunde liegenden Fall ist gegen den Fahrzeughalter zunächst ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden. Im Ergebnis wurde dieses Verfahren eingestellt, weil der Halter des Fahrzeugs nach Überprüfung durch die Behörde nicht mit der Person auf dem Lichtbild identisch war und nach Belehrung über sein Zeugnisverweigerungsrecht gegenüber nahen Angehörigen, keine Angaben zum Fahrer des Fahrzeugs gemacht hat. Daraufhin wurde der Halter zur Führung eines Fahrtenbuchs von 12 Monaten verpflichtet und dessen sofortige Vollziehung wurde angeordnet.
Nach Auffassung des zuständigen Verwaltungsgericht führt die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht zur Unzulässigkeit der Fahrtenbuchauflage.
Die Fahrtenbuchauflage diene der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs und stelle eine Maßnahme der vorbeugenden Gefahrenabwehr dar. Soweit der Halter andere sein Fahrzeug benutzen lasse und nicht bei deren Identifizierung mitwirke, müsse er sich gefallen lassen, dass in Zukunft sichergestellt werden könne, dass der Täter einer Ordnungswidrigkeit oder einer Straftat im Straßenverkehr zur Rechenschaft gezogen werden könne.(vgl. VG Neustadt 05.07.2016, 3 L 519/16 NW)

Handel mit Cannabisprodukten zu nicht ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken strafbar

Das OLG Hamm hat entschieden, dass der Handel mit Cannabisprodukten aus einem Anbau mit zertifiziertem Saatgut oder mit einem Wirkstoff von weniger als 0,2 % THC illegal ist, wenn er nicht ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen.Der Angeklagte unterhielt einen Head-Shop. In diesem bot er unter anderem Industriehanf aus einem Anbau mit zertifiziertem Saatgut zum Verkauf an, zum Teil als Räucherhanf oder als Inhalt von Duftkissen. An einen Kunden soll er 5 kg Hanf mit mindestens 10g THC und damit einem Wirkstoff von über 0,2 % geliefert haben, die der Kunde weiterveräußerte. Einem weiteren Kunden soll er nach einer Internetbestellung zwei Hanfkissen mit jeweils 30g Hanf übersandt haben, die der Kunde zum Teil zu Rauschzwecken verwandte. Der Angeklagte wurde vom Amtsgericht zunächst verurteilt, vom Landgericht in zweiter Instanz freigesprochen. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat das OLG Hamm den Freispruch des Landgerichts aufgehoben.Die vom Angeklagten vertriebenen Cannabisprodukte seien grundsätzlich nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel. Die einschlägige Ausnahmevorschrift der Anlage 1 zu § 1 des Betäubungsmittelgesetzes diene nicht dazu, die Bevölkerung mit THC-schwachen Cannabisprodukten zu versorgen und soll nicht das generelle Cannabisverbot aufweichen. Ein zulässiger gewerblicher Zweck sei erst dann gegeben, wenn der Hanf zu einem unbedenklichen Produkt, wie Papier, Seide oder Textilien weiterverarbeitet werden soll. Diese Weiterbearbeitung zu unbedenklichen Produkten müsse gewährleistet sein. (OLG Hamm 21.06.2016, 4 RVs 51/16)

Institutioneller Rechtsmissbrauch-Befristungskette auf arbeitsrechtlicher Grundlage im Hochschulbereich

Die Befristung eines Arbeitsvertrages kann trotz Vorliegen eines Sachgrundes für die Befristung aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles aufgrund eines institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam sein. Dies gilt auch für Befristungen im Hochschulbereich, die auf den Sachgrund der Drittmittelfinanzierung gestützt werden.Für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs sprechen insbesondere eine sehr lange Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses und/oder eine außergewöhnlich hohe Anzahl von aufeinander folgenden befristeten Arbeitsvertägen mit dem selben Arbeitgeber.Gegen eine missbräuchliche Ausnutzung der Befristungsmöglichkeit sprechen hingegen Beschäftigungszeiten im Hochschulbereich, die der wissenschaftlichen Qualifikation des Mitarbeiters dienen.(Bundesarbeitsgericht 8.Juni 2016-7 AZR 259/14)

Berliner Imam wegen Werbens um Mitglieder und Unterstützer für die Terrororganisation „IS“zu Freiheitsstrafe verurteilt

Das Kammergericht hat einen Imam wegen der Billigung von Straftaten und dem Werben und Unterstützen der Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Er hatte öffentlich dazu aufgerufen, sich dem Kampf der Terrororganisation „IS“ anzuschließen. Außerdem hatte er in einem Interview die grausame Tötung eines jordanischen Piloten und eines amerikanischen Journalisten zu rechtfertigen versucht. Der Imam hatte insbesondere seine über Jahre hinweg aufgebaute Autorität in der russischsprachigen Islamistenszene genutzt, um für neue Kämpfer zu werben.(Kammergericht 14.06.2016)